Schätzchen aus der Schellack-Zeit
von Andrea Simons / 09.11.2016
„Die Glühwürmchen“ lassen doe 20er und 30er Jahre in der Bad Neuenahrer Konzerthalle aufleben
Bad Neuenahr. Die näselnde Stimme à la Theo Lingen zum Auftakt und Close-Harmony-Arrangements im Still der Comedian Harmonists sowie das zeittypische „Klimpern“ des Klaviers ließen keinen Zweifel: Musiker der 20er und 30er Hare war angesagt mit dem „Glühwürmchen“ aus Köln. An Piano, Kontrabass und Schlagzeug saßen Leonard Küster, Max Schaaf und Michael Buschmann auf der Bühne, als Elke Buschmann (Gesang, Klarinette), Iris Lamouette (Gesang, Akkordeon) und Anne-Sophie Mundt (Gesang, Geige) stilecht in knielangen Glitzerkleidern mit Fransen und Perlen aufliefen. Doch kaum hatten sie angesetzt, hatten sie auch schon wieder abgesetzt.
„Stop“, rief Elke Buschmann. Das geht ha gar nicht. „Veronika der Lenz ist da“ zu dieser Jahreszeit? „Jetzt haben wir die erste Nummer schon in den Sang gesetzt. Wir können doch nicht vom Frühling singen im Herbst“, echauffiert sich die „Frontfrau“ des Salonorchesters.
Prompt setzt der Kapellmeister noch mal an und schon hieß es unisono: „Veronika, der Herbst ist da“. Da sangen die Pelze Tralala und war die Welt verhext, auch weil „der Kürbis wächst“. Und gegen Ende des Abend sollte die „Veronika“ nochmals die Melodie für humoristische Ergüsse der Sängerinnen dienen: „Luuk dusch ens man, wat e met dingem Fitnessplan?“
Schwungvolle Klassiker der Swing- und Tonfilm-Ära und darüber hinaus sowie fast durchweg Ohrwürmer, aber durchaus nicht immer mit den Original sondern Eingens abgewandelten Texten bot das Sextett. Nicht wenige Lieder wurden bald eingefälscht: Das galt für „Just a gigolo“ genauso wie für „Mr. Sandmann“, den sie in „Hallo Köbes“ umtauften.
Zwischen Spiel und Gesang der Frauen eroberte „Vortragskünstler“ Hanns Buschmann in der Rolle des 20er-Jahre-Lieddichters und Komikers Otto Reutter das Podium. Schließlich ging es im Programm mit dem Titel „Männer sind ’ne komische Erfindung…“ um Kurioses, Absurdes und Amouröses rund die Geschlechter.
Und wenigstens ein Mann musste den Frauen ja „Antwort“ geben, wenn sie etwas reklamierten, dass sie schon lange keine Brillanten mehr bekämen. („Diamonds are a girl’s best friends“) und sich deshalb als stachlig statt anschmiegsam gaben („Mein kleiner grüner Kaktus“) und vom Kopf bis Fuß „auf Rievkooche, Flöz und Blootworsch“ und auch auf Müffeln eingestellt waren.
Kein Wunder, dass Hanns Buschmann da oft ironisch und etwa mit Reuters „Wie reizend sind die Frauen“ konterte: „Manche Frau’n sind zehn Jahr‘ neunundzwanzig Sie komm’n nicht in die dreißig. Davor haben sie ’nen Graus. Aber wenn sie erstmal drinnen sind, da kommen sie nicht mehr raus.“
Mit seiner musikalischen Empfehlung an die Damen im Publikum „Nehm Sie ’n Alten“ sicherte er sich nicht nur manches Schmunzeln der Zuhörer sonder sogar einen Zwischenapplaus.
Gerne hätte man noch mehr von seinen sonor dargebotenen Couplets gehört, die aber nur zwei Zwischenspiele im Programm umfassen. Wo er humorvoll philosophierte und argumentierte, gaben sich die Damen gerne mal frech-frivol, gaben schnipsenderweise „die Knef“ („In dieser Stadt“) und weideten sich in Assonanzen, indem sie auch kurzerhand die Ruth in „Ich steh mit Ruth gut – weil meine Ruth tut – das, war mit gut tut“ in einen „Knut“ verwandelten.
Hatte Elke Buschmann eben noch über die Metamorphose manchen Mannes im Laufe der Jahre gewettert, gab sie am Ende zu, dass auch Frauen Stoffwechselprobleme haben und dann auch einen Stoffwechsel in ihrem Kleiderschrank durchführen müssen: „Alle Klamotten in Größe 36/38 raus aus dem Schrank und eine Größe, die einem passt, wieder rein“.
Ein Abend, der mit viel Beifall bedacht wurde.